In den USA gilt Framing spätestens seit Obamas „Yes we can“ als Geheimrezept für gelungene Kampagnenführung. Längst nutzen dort auch Unternehmen die Vorteile des Framings für ihre Kommunikation. Und hierzulande? Als im Februar 2019 bekannt wurde, dass die ARD sich von der Wissenschaftlerin und Framing-Expertin Elisabeth Wehling eine neue Begrifflichkeit für den Auftritt der Öffentlich-Rechtlichen entwickeln hatte lassen, um eine Sprache zu finden, die dieses unsägliche „Lügenpresse“ und „zwangsfinanziert“ endlich pulverisiert, da las man in den Medien fast durchweg reflexartige Ablehnung. Dabei waren Wehlings Arbeitsergebnisse richtig und sie waren, vom Standpunkt des Bekenntnisses zu einer demokratischen Gesellschaft aus betrachtet, klug. Aber alle störten sich an dem Begriff ‚Frame‘, sahen sich fremdgeleitet, durch Sprache gelenkt, gar verarscht – so der Tenor der Medien, in den rechten ohnehin und in denen der Mitte und von links leider sehr oft auch. Dabei können wir Menschen gar nicht anders, als Welt und Sprache über Wissens- und Bedeutungsstrukturen zu erkennen, über Frames, die wir ein Leben lang erwerben und pflegen und selbst anwenden. Framing gründet auf Erkenntnissen der Neurowissenschaft und der kognitiven Linguistik. Framing macht uns nicht zu Opfern, sondern gibt uns die Möglichkeit, Inhalte und Botschaften so zu formulieren, dass sie beim Empfänger in unserem Sinn ankommen. Zugegeben, der Begriff Frame hat etwas Unfreies, er ist sozusagen schlecht geframt. Ich erkläre meinen Kunden Frames gerne als Voreinstellungen durch Sprache, und Sie sitzen am Hebel.  Wer herkömmliche Sprachbilder überdenkt und durch eigene ersetzt, lenkt Kommunikation in seinem Sinn. Darin liegt eine Chance und natürlich liegt darin auch eine enorme Verantwortung. Dass die Politik Jahrzehnte nur von Klimawandel sprach, hatte Methode – Wandel ist schließlich nicht per se was Schlimmes und er führt auch nicht zu weltumspannenden Schüler-Protesten. Die Erderhitzung schon.

Elisabeth Wehling: Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Ullstein Verlag.