Einer der ältesten Werbesprüche in Deutschland ist auch einer der beliebtesten: „Haribo macht Kinder froh. Und Erwachsene ebenso“. Der Claim ist über 80 Jahre alt und doch: er nervt uns nicht. Warum? Weil er seine eigene Sprache spricht. Er ist nicht gestelzt, er braucht keine kulturelle oder zeitpolitische Referenz, um verstanden zu werden, er braucht keine Vorgänger und keine Nachfolger. Er bringt, rhetorisch versiert, auf den Punkt, was das Markenversprechen ist: Gummibärchen essen macht froh. „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“, verlangt die Redensart und genau das hat Haribo in diesem Alltime-Klassiker getan.

Im Radio läuft derzeit eine Werbung für Mineralwasser, die mich unsagbar nervt: „Ich bin Peterstaler.“ Dieser Claim ist einer der vielen Klone, die die seinerzeit fulminante Bild-Headline „Wir sind Papst“ kopieren wollen. „Ich bin Peterstaler“, „Wir leben Dach“ (mein örtlicher Dachdeckerbetrieb) oder „Wir sind deins“ (ARD) sind nur die jüngsten Babys eines Trends, der seit Jahren anhält. Und so absolut nichts über Marke, Idee oder Versprechen aussagt. Das Bundesministerium für Justiz startete September 2019 eine Kampagne namens „Wir sind Rechtsstaat“. Und „Wir sind Grundgesetz“ nannte die AfD ihre fast zeitgleiche Online-Offensive, um die Meinungsfreiheit zu schützen. Wer ist jetzt was nochmal und, vor allem, warum?

„Worte müssen Bedeutung haben“, forderte einst Obama, und ich weiß, das ist ein sehr, sehr weiter Bogen, den ich da von den Gummibärchen zum großen charismatischen Redner schlage, aber im Kern geht es genau darum: nicht den anderen nach dem Mund zu plappern. Sondern genau überlegen, was einen im Kern ausmacht. Auf den eigenen Inhalt vertrauen und ihn gut schreiben. Worte nicht kopieren, sondern mit Bedeutung inspirieren.

 

Foto: Haribo